Flaggen, Stander, Fender – eine kurze Repetition von Traditionen und Anstand zur See

Stammabend 3. April 2013

events-2013-04-03_2Rund 50 Mitglieder unserer Regionalgruppe versammelten sich im Mittenza, um den Ausführungen unseres Commodore Beat Schifferli zu lauschen. Zum Thema „Traditionen und Anstand zur See“ kann man sich ja in der Tat keinen kompetenteren Referenten als einen ehemaligen Kadetten auf einem Vollschiff der Königlichen Norwegischen Marine wünschen.
Beat stellte gleich zu Beginn klar, dass eine minimale Kenntnis der Thematik ein wichtiger Bestandteil guter Seemannschaft ist.

Da der erste Eindruck oft entscheidend ist, kommt der korrekten Flaggenführung als Unterscheidungsmerkmal zwischen einem seemännisch geführten Schiff und einem von Piraten geenterten Charterboot eine wichtige Rolle zu.
Das weisse Kreuz unserer Nationalflagge ist gemäss Bundesbeschluss von 1889 präzise in seinen Proportionen definiert und wird in einem quadratischen roten Feld geführt. Diese Vorschrift gilt für alle Wasserfahrzeuge auf Binnengewässern. Auf See wurde durch das Bundesgesetz über die Seeschiffahrt unter Schweizer Flagge von 1953 eine rechteckige Flagge geschaffen, damit die Schweiz innerhalb der internationalen Norm bleibt (damals war das noch kein Politikum). Da Yachten in der Gesetzgebung bewusst nicht vorgesehen waren, mussten die Yachteigner, zusammengeschlossen im CCS, selber aktiv werden und schufen ein CCS-Yachtregister, einen CCS-Flaggenschein und eben auch eine CCS-Flagge. Diese improvisierte Regelung wurde erst 1971 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt und deshalb haben CCS-Mitglieder das Recht, die Nationale mit CCS-Symbol in der oberen linken Ecke zu führen.

Die korrekte Flaggengrösse hängt von der Grösse des Schiffs ab. Als Faustregel gilt, dass die Lieklänge nicht grösser als 1/20 der Schiffslänge sein sollte. Im Hafen kann aber auch eine etwas grössere „Hafenflagge“ aus leichterem Tuch gefahren werden. Die Nationale wird stets am Flaggstock am Heck oder unter der Gaffelnock oder im Besantopp gesetzt. Eine Nationalflagge am Achterstag ist ausgesprochen schlechter Stil. Und eine ausgefranste Flagge mag zwar romantisch aussehen, ist aber schlicht lausige Seemannschaft. Zu den Finessen der Flaggenführung gehören die Regeln, dass die Nationale in Landnähe von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, auf offener See nur bei Begegnung mit anderen Schiffen und nachts nie gefahren wird. Ferner gilt es zu beachten, dass im Hafen oder vor Anker die Nationale nicht höher als die Gastlandflagge fliegen soll, weshalb eine Ketsch die Flagge im dem Besantopp durch eine am Flaggstock am Heck ersetzen muss. Während die komplizierten Gebräuche der Flaggenparade ganz besondere Aufmerksamkeit erfordern, ist das Dippen der Flagge relativ einfach: Hier werden in der Praxis von Yachten nur noch Kriegs- und Marineschulschiffe gegrüsst.

Gastlandflaggen werden innerhalb der Hoheitsgewässer des Gastlandes unter der Steuerbord-Saling gesetzt und sollten eine Lieklänge haben, die etwa halb so gross ist wie die der Nationalen, also ca. 1/40 der Schiffslänge. Sie dürfen nur gefahren werden, wenn auch die Nationale gesetzt ist. Unter der Gastlandflagge soll höchstens noch eine Signalflagge (z.B. Q) oder eine Lokalflagge gefahren werden. Eine Menge von Flaggen und Wimpeln unter der Saling sind ein Gräuel!
Im Weiteren erläuterte Beat uns den korrekten Gebrauch von Eigner- und Reederflaggen, erklärte uns, was ein Gösch im Bug ist und beklagte das Überhandnehmen von Sponsorenbannern bei den verschiedensten Anlässen, wobei der CCS leider keine Ausnahme macht. Ganz besonderes Gewicht legte er aber auf das korrekte Führen des Clubstanders, denn dieser gehört an den Standerstock ins Grosstopp und nicht unter die Backbord-Saling. Ausreden wegen technischer Schwierigkeiten (UKW Antenne, Anemometer etc.) lässt unser Commodore nicht gelten und demonstriert Lösungen, mit denen jetzt alle unserer Clubschiffe ausgerüstet sind. Das Setzen mehrerer Clubstander sollte die Ausnahme bilden – auch hier mahnt er zur Zurückhaltung und warnt vor Wäscheleinen.

events-2013-04-03_1Schliesslich kam Beat noch auf den korrekten Gebrauch der Signalflaggen einschliesslich der Flaggengala zu sprechen. Dieses Kapitel ist reichlich kompliziert und erfordert eine spezielle Ausbildung. Als absolutes Minimum muss der Gebrauch der Quarantäneflagge Q und das Distress-Signal NC beherrscht werden, denn wer sich nicht blamieren will, sollte das Übermitteln von Meldungen dem Spezialisten überlassen oder das UKW benutzen!

Zum Schluss behandelte der Referent Traditionen und Anstand. Neben längst Überholtem (blaue und weisse Kleidung zur richtigen Zeit und zum richtigen Anlass) gilt der gesunde Menschenverstand: Eine Crew, die im Badekleid in einen Hafen einfährt oder das Anlegemanöver nur mit grossem Gebrüll schafft, vermittelt nicht gerade den Eindruck von guter Seemannschaft. Höflichkeit drückt sich aber auch im umsichtigen Umgang mit Festmachern, Fendern, Bootshaken und Beibooten aus. Denn „manchmal zählt Bescheidenheit – im ureigensten Interesse – mehr als pure Rechthaberei“.
Danke, Beat, für diesen kenntnisreichen, spannenden und motivierenden Vortrag.

Captain Lukas Landmann

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