Mit dem Weidling die Donau hinunter

Stammabend mit Gino Taglivini und Sabine Kilchher   2.11. 2022

Gino war schon immer ein Wasserfan: Mit 4 Jahren hatte er sein erstes Boot auf dem Hallwilersee; später fuhr er mit einem Faltboot die Rhone abwärts; jahrelang segelte und surfte er, ehe er den Entschluss zur Rückkehr zum einfachen Boot beschloss. Für 100 Fr. erstand er einen Occasionweidling, den er restaurierte und mit Wellenbrechern vorn und hinten versah. Sein Plan: Die Donau hinunter bis ins Schwarze Meer. Warum ein Weidling? Dieser hat mehrere Vorteile: Kaum Tiefgang / keine Anfälligkeit auf Defekte / keine Elektronik an Bord / erlaubt Kochen und Schlafen an Bord, wenn das Zelt nicht am Donauufer aufgestellt werden kann.

Doch Corona zwang ihn zur Planänderung. So führte die erste Reise von Bern nach Basel. Die grössten Hindernisse bildeten dabei die Wehre (Kraftwerke), bei denen der Weidling jeweils ausgewassert, über Schienen transportiert und wieder eingewassert werden musste. Wenn ein Wehr besonders gut eingerichtet ist, kann man im Wasser auf den Wagen fahren, mit einem Kran das Schiff anheben und wieder ins Wasser setzen. Die schönste Strecke sei von Bern in den Wohlensee, die gefährlichste bei Brugg mit engen Stellen und starken Strömungen.

Die Reise auf Aare und Rhein hatten aber auch Vorteile: Der Weidling konnte auf Herz und Nieren getestet werden und danach für die Langzeitbedürfnisse auf der Donau angepasst werden. So fertigte Gino bei den Wellenbrechern ganze geschlossene Kammern um allerlei Dinge trocken mitführen zu können. Zusätzlich erhielt das Boot eine Autoblache als Zelt über einem Metallgestell zum Uebernachten.

Nach Corona starteten Sabine und Gino die Reise auf der Donau in Ulm, wobei ihnen die «Freunde der Donau» wertvolle Hilfe leisteten, zum Beispiel mit einer Liste der ganzen Donau, auf der alle Brücken mit Höhenangaben, Auswasserungsstellen und sonstige wichtige Angaben notiert sind. Eigentlich wollte Gino keinen Motor mitnehmen. Doch an einer Schleuse in der Tschechoslowakei ist ein Motor Pflicht, sonst darf nicht weiter gefahren werden.

Reisen bildet und schafft tolle neue Begegnungen, so geschehen in Heidis Garten. Als sie sich anschickten, das Zelt für eine Nacht aufzubauen, kam eine ältere Dame vorbei, die fragte, was sie denn da machten!  Su lud sie sofort in ihren wohl gepflegten Garten ein zum Kochen und Schlafen. Sie meinte:» Alle Paddler kommen in meinem Garten vorbei».

Einige Daten: Pro Tag war 8 bis 9 Stunden rudern angesagt. Strecke pro Tag: Anfangs 25 bis 30 km, später bis 60 km. Rekord: 68 km an einem Tag. Sie hatten auch einen Holzmast mit einem Segel dabei. War die Donau breit und es windete genug, sind sie jeweils auch geseglt.

Bei Regensburg war die Schleuse geschlossen, niemand erreichbar, also fuhr Gino kurzerhand den seitlich liegenden Wildbach hinunter, allein – denn Sabine schaute dem Spektakel lieber zu.

In Passau fliesst der Inn in die Donau. Hier begegneten sie noch dem letzten Holzbootbauer, der Zillen herstellt (oesterreichisches Holzboot, gediegene Fertigung. Preis 3000 Euro / mit Motor 5000 Euro).

Nun folgt der schönste Donauabschnitt mit guter Strömung, die Wachau. An den Ufern liegen Weinberge und Aprikosenhaine. – Nach 2 Wochen erreichten sie Wien und gönnten sich einige Tage Pause in der «Wiener Marina». Sabine wollte hier auch 2 Nächte im Hotel verbringen, um sich von den Strapazen zu erholen. Hier lernten sie auch ein Pärchen kennen, die mit dem Segelboot die Donau hinab fuhren mit Ziel Schwarzes Meer. Von da an bildeten sie eine Fahrgemeinschaft und trafen sich jeweils abends wieder am selben Uebernachtungsplätzchen. Diese suchte Gino immer sorgfältig aus nach dem Prinzip: Einsam, romantisch, idyllisch, Balsam für die Seele.

Unterhalb von Bratislava kam dann die Stelle für den Motor (Kraftwerk mit Schleuse). Doch leider entpuppte sich die ganze Vorbereitung als Reinfall: Gefragt war ein Motor mit mindestens 40 PS statt deren 4 PS, den sie dabei hatten. Keine Gnade! Der Schleusenwärter blieb hart. So musste das Boot ausgewassert, auf dem Landweg transportiert und 50 km weiter unter wieder eingewassert werden, was mit einigen Kosten verbunden war. Als Entschädigung bot der Aufenthalt in Budapest tolle Ueberraschungen: Ein Drachenbootrennen, Gratistram in der ganzen Stadt und Schwimmweltmeisterschaften, die sie zum Besuch des Synchronschwimmens lockte.

Ein Abstecher in den Kanal zum Plattensee zwang sie später zum Umkehr, da wegen der Sommerhitze der Kanal nach 10 km ausgetrocknet war. So fuhren sie weiter auf der Donau bis an die serbisch-kroatische Grenze. Ende der Reise, Auswasserung, Heimreise und mit Auto und Anhänger das Boot heimholen.

Text: Hugo Buser / Bilder: Sabine und Gino

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