Qajaq – mit Muskelkraft über die Ostsee

Referent: Martin Schaub

Inspiriert von seinen Reisen in den nördlichen Gefilden, plante, konstruierte und baute unser Referent im Winterhalbjahr 14/15 ein authentisches Grönlandkajak. Kajaks sind schnelle, wendige und geschlossene Boote für die Jagd auf Seehunde, Walrosse und Narwale der Inuit. Man geht davon aus, dass Kajaks vor ca. 4’000 Jahren entwickelt und teilweise bis heute aus Treibholz, Knochen, Sehnen und Tierhäuten gebaut werden. Erst in jüngerer Zeit wurden diese agilen Boote in unseren Breiten als moderne Sportgeräte entdeckt. In der Sprache der Inuit (Ureinwohner Grönlands) heisst Qajaq Männerboot.

Im ersten Teil seines Vortrags schilderte Martin die Herausforderungen über die Vorgehensweise und den Bau des Kajaks. Kajaks sind individuell an die jeweiligen Körpermasse angefertigte Boote. Die Bootslänge entspricht 3-mal der Armspannweite und die Bootsbreite der Breite aus Hüfte + Faust + 2 Fingern. Mit den Wippenmassen werden die Sitzposition, die Fussstütze, der Fersenpunkt sowie die Position des Masik ermittelt. Der Masik ist der Deckspannt an dem die Knie an die Bootswand gedrückt werden kann. Dies ist für die Steuerung, insbesondere bei Seitenwind sowie für eine erfolgreiche Kenterrolle von zentraler Bedeutung. Für den Bau des Rahmens verwendete Martin Fichten- und Eschenholz. Die Bespannung erfolgte mit einem dünnen, reissfesten Polyestergewebe.

Nach ca. 300 Arbeitsstunden erfolgte im April 2015 die Jungfernfahrt auf dem Thunersee. (siehe Bild)

Unter Segel kreuzte Martin schon etliche Male auf der Ostsee und durch die Schären. Nun wollte die wunderbare Landschaft mit ihren rund 60’000 Inseln aus einer anderen Perspektive auf sich wirken lassen. Nach vielen Trainingsstunden und Kilometern auf dem heimischen Thunersee, macht er sich im Spätsommer 2017 auf, die Strecke von Stockholm (Schweden) über die Åland Inseln nach Turku/Åbo in Finnland mit dem Kajak in Angriff zu nehmen, allerdings nicht mit dem eigenen selbstgebauten Kajak. Grund: Da der Selbstbau nur mit einem dünnen Polyestertuch (Dacron) bespannt ist, wäre die Gefahr der Verletzung der Bootshaut durch Steine zu gross, was das Sinken des Bootes und das Ende des Abenteuers bedeutet hätte. Immerhin mussten doch mindestens 20 Seemeilen offene See überquert werden.

Mit dem eigenen Auto und einem Kunststoffkajak auf dem Dachträger reiste er nach Schweden. Die Planung sah ursprünglich vor, dass die ca. 200 sm lange Strecke in 13 Etappen via Märket (einer kleinen Insel mit Leuchturm westlich von Åland) und die Åland Inseln südlich zu umrunden sind. Die Umsetzung sah jedoch anders aus. Aus meteorologischen Gründen (starke prognostizierte Winde aus Südwest am Folgetag), wählte er die direkte Verbindung von Arholma (Schweden) nach Käringsund und die nördliche Umrundung der Åland Inseln. Die gesamte Strecke absolvierte er in 9 Tagen und paddelte im Durchschnitt täglich ca. 20 sm. Im Vergleich: der Thunersee ist 9.5 sm lang; somit täglich die Strecke Thun-Interlaken-Thun.

Zu seiner Kajakausrüstung gehörten ein Reservepaddel, Lenzpumpe, ein kleines Segel, Slipwagen, Trockenanzug und Schwimmweste. Ansonsten galt es noch ein Zelt, Isomatte, Schlafsack, Kocher, Kleidung, Toilettenartikel, Lebensmittel und einen 10 Liter Wassersack zu verstauen. Unterwegs navigierte er klassisch mit Seekarte und Kompass, welche Mittschiffs über das Deck gespannt waren.

Übernachtet hat Martin meist auf kleinen, unbewohnten Inseln inmitten der wunderbaren und mystischen Natur des schwedischen und finnischen Schärengartens.

In Turku angekommen nahm er die Nachtfähre zurück nach Stockholm. Die Fähre legte die Strecke in gut 9 Stunden zurück, was zuvor in entgegengesetzter Richtung unter Muskelkraft deutlich länger gedauert hat, aber auch nicht den gleichen nachhaltigen Eindruck hinterlässt.

Text und Bilder: Martin Schaub

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