Schatten im Paradies

Stammabend 3. April 2024 Rg Basel

Vortrag von Prof. (em) Dr. med. Niklaus Friederich

 

Die Südsee (Salomonen Inseln, Fidschi, Papua Neuguinea) ein Paradies? Natürlich für Segler! Die Einheimischen sind schon vor Jahrtausenden zur See gefahren und haben nach den Sternen, der Sonne, den Meeresströmungen und den Vogelzügen navigiert. Dabei verwenden sie bis heute ein spezielles Segelboot mit Ausleger: Ratu Finau. Unser Clubmitglied Hansruedi Fanti hat dieses Gebiet ausgiebig besegelt vor einigen Jahren. Niklaus Friederich aber bereist diese Gegend aus medizinischen Gründen, u. a. weil sein erster Chef Dr. med. h.c. Hermann Oberli nach 10 Jahren Chefarzttätigkeit in Honiara (Solomon Islands) mit der von ihm gegründeten Stiftung ‘Medizin im Südpazifik’ eine Ausbildungsvereinigung gegründet hat: Die Pacific Island Orthopaedic Association (https://www.pioa.net/ ), gegründet 2012 mit dem Ziel, eine angepasste und nachhaltige orthopädisch-chirurgische Ausbildung für die jungen Ärzte – und damit eine bessere Versorgung vor Ort –  zu gewährleisten. Dabei werden einheimische Aerzte vor Ort in 4 Jahren zu je 3 Modulen ausgebildet mit Abschlusszertifikat. Zudem gibt es regelmässiger Support per Zoom-Konferenz. Die Operierenden müssen die OP’s dokumentieren und zur Kontrolle den Ausbildnern vorlegen. Die Teilnehmer kommen aus der Umgebung: Papua Neuguinea, Salomonen Inseln, Vanuatu, Fidji, Samoa, Kiribati (ein Gebiet von 6000 mal 7000 km mit wochenlangen Anreisen!).

Spannend erzählt der Referent seine Erlebnisse und berichtet über Geisterkult, Stammesfehden mit Toten, Hexenkult, Polizeiwillkür etc. Für uns Westeuropäer gibt es schwer zu akzeptierende Tatsachen.

 

Fidji

Anderes Land, andere Kulturen: Im Haupt-Spital in Fidji (Colonial War Memorial Hospital)  lief nichts mehr, als an der Rugby-WM das Spiel Fidji-Australien am TV übertragen wurde. Die Euphorie kannte danach keine Grenzen, denn Fidji gewann.

Die Religionen sind wie die Herkunft der Menschen vielfältig. Auf Fidji lebt ein besonderer italienischer Bischof, Luciano Capelli: Er ist gleichzeitig Pilot und mit dem Wasserflugzeug unterwegs. Als attraktive Hilfe für die einheimische Bevölkerung gründete er eine Schule, die Zimmerleute, Elektriker und Sanitär-Installateure ausbildet.

Um sich mit den Fremden zu verständigen, sprechen die meisten Pidgin-English. So werden auch alle Anweisungen geschrieben, was anfangs etwas gewöhnungsbedürftig ist.

Der zweite Weltkrieg hat viele Spuren hinterlassen: Auf dem Meeresboden zwischen Malaita und Guadalcanal liegen beispielsweise 1450 Schiffe und 111 Flugzeuge.

Die Bevölkerung hat ein Betelnuss-Problem: Das dauernde Kauen der Betelnüsse ist Drogenkonsum (Rauschzustand), macht abhängig und ist krebserregend. Es färbt Lippen, Mund und Zähne rot. Darum gibt es in den Spitälern überall Betelnussverbote.

Papua Neuguinea:

Etwa 700 verschiedene Sprachen trifft man an. Von Reisen ins Hochland wird abgeraten, aus Sicherheitsgründen. Hier herrschen erbitterte Stammesfehden. Früher ging dies gesittet zu und her mit Macheten, an abgemachtem Ort zu abgemachter Zeit. Schlägereien mit Toten sind noch heute Tradition, nur leider heute mit Schusswaffen, die für die «Schlacht» im Shop ausgeliehen werden. Das bedeutet, dass die Aerzte Sisiphussarbeit leisten: Kugeln heraus operieren, damit bei der nächsten Stammesfehde wieder Kugeln in den Körper eindringen können. – Aber leider können Aussenstehende die Kultur nicht ändern.

Ein weiteres Problem ist die Polizei. Statt Diebe zu fangen schiessen sie ihnen in die Fussgelenke, damit sie nicht mehr gehen können und bitten danach die Angehörigen, sie abzuholen. – Wird eine Frau als Hexe bezeichnet, kann sie nicht mehr im heimischen Dorf leben, weil sie sonst verbrannt würde.

Eine tragische Geschichte gibt es von einem Schweizer Ehepaar zu berichten, das mit dem Segelschiff um die Welt segelte und auf den Salomonen Halt machte. Fritz Messerli wollte nach dem Ankern prüfen, ob er auch hält und schwamm zum Haken. Dabei wurde er von einem Krokodil getötet. Ein Grabstein auf den Salomonen erinnert an das traurige Ereignis. Hermann Oberli brachte das Schiff von der weit entfernten Insel nach Guadalcanal zurück.

Pidgin English

Medizin

An vielen Krankheiten, die in Europa geheilt werden können,  sterben die Pacifikbewohner. Die Gründe sind vielfältig: Die Kühlkette für den Transport von empfindlichen Medikamenten auf diesen langen Wegen mit zum Teil einfachen Booten ist nicht gewährleistet, heisst: Keine Antibiotika. Diabetes ist sehr verbreitet und kann kaum geheilt werden. Die Anreise zum Spital dauert viel zu lange, bis endlich medizinische Hilfe erteilt werden kann. (Nicht tagelang, sondern wochenlang). So sind viele ‘einfache’ Krankheiten tödlich.

Aber immerhin besteht nun Hoffnung in Bezug auf Orthopädie! Mit einfachen Mitteln werden Knochen zusammengeschraubt oder geschient.

Uebrigens: Im Spital sind die Angehörigen zuständig für Wäsche und Verpflegung der Patienten. Das Spital hat keine Küche!

 

China

Leider mischt nun sich nun neuerdings China mit viel Geld ein: Es unterstützt die Polizei mit chinesischen Sicherheitskräften. Hintergedanken? 

Wir hätten dem Referenten nach zwei Stunden gerne noch länger abenteuerliche Geschichten entlockt! Ein toller Abend!

Arbeit am Simulator zum Training (links: Niklaus Friederich)
Training an Modellen
Resultat einer durchgeführten OP

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