Stammabend 4. Dezember 2013
Ob die über 80 Mitglieder wegen des spannenden Themas oder der illustren Referenten den Weg ins Mittenza gefunden haben, wird sich nie mit Sicherheit bestimmen lassen. Hans Litscher, ehemaliger Captain und RG-Urgestein, hat sich in gewohnt flexibler Art bereit erklärt, den Abend allein zu bestreiten, da Aldo Widmer wegen einer Verpflichtung im Zentralclub verhindert war.
Hans hat uns dank Erfahrungen mit seiner Yacht Selkie einige lehrreiche Beispiele aus den Gebieten Yachtkauf, Törnplanung, Auswahl der Crewmitglieder und Mechanische Defekte aufbereitet und präsentiert; hier folgen zwei willkürlich herausgegriffene Beispiele dazu:
Kauf einer Yacht: Ein rüstiger Jungsechziger will endlich aufs Wasser und sucht zusammen mit seiner Frau ein passendes Schiff. Die beiden analysieren den Markt in Deutschland, Frankreich und in den Niederlanden, wo sie endlich ihr Traumschiff finden. Sie lassen ein Gutachten erstellen, das sehr positiv ausfällt, und kaufen die Yacht. Ihre Enttäuschung war gross, als sie noch vor dem ersten Törn feststellen mussten, dass das Deck undicht war und Wasser in die Kabine tropfte. Die Ursache konnte erst nach längeren und umständlichen Abklärungen eruiert werden: Das Teakdeck war, wie damals bei allen Yachten aus der gleichen Region üblich, mit einer GRP-Schicht verkittet und zusätzlich mit versenkt angebrachten Schrauben in einer darunter liegenden Balsaschicht fixiert worden. Im Laufe der Jahre hat das Wasser seinen Weg durch die Schraubenabdeckungen und den Schrauben entlang in die Balsaschicht gefunden, die vollständig morsch und verfault war. Nur eine radikale und teure Lösung konnte hier helfen: Totale Entfernung und Neuverlegung von Teak- und Balsadeck mit Neuverkittung und wasserdichter Verschraubung. Lehren: 1. Auswahl eines Gutachters mit Erfahrung bei gleichen oder ähnlichen Schiffen. 2. Im Kaufvertrag Aufnahme einer Klausel, wonach für nicht entdeckte Schäden 10-20% der Kaufsumme für eine gewisse Zeit zurückbehalten werden. 3. Vorbehalte sofort anmelden und eine Rechtsschutzversicherung beiziehen, denn die Chancen eines Ausländers ohne juristischen Beistand sind sehr klein.
Verlust der Schraube: Beim Auslaufen aus dem Hafen von Helsingör soll der Gory-Propeller in den Overdrive geschaltet werden. Also kurzer Stopp, Rückwärtsgang einlegen und sofort wieder in den Vorwärtsgang schalten. Und dann reagiert nur noch das Motorengeräusch auf den Gashebel, nicht aber das Schiff; wir haben die Schraube verloren. Sofort werden Segel gesetzt und der Weg zurück in den Hafen unter Segel zurückgelegt. An einem langen Steg gab es einen freien Platz, wo nicht ganz problemlos angelegt und abgebremst werden konnte. Bis eine Werft zum Auswassern und Montieren der Reserveschraube gefunden werden konnte – es war gerade Wochenende – und bis die Arbeiten ausgeführt waren, war der Törnplan hoffnungslos veraltet und die Crew verfügte über erstaunlich detaillierte Kenntnisse von Helsingör. Ursache war ein gebrochener Keil, mit dem der Propeller auf der Welle fixiert wird. Solche Schäden sind kaum voraussehbar. Zum Glück konnte ein Taucher den verlorenen Propeller aus dem Seegras der Hafeneinfahrt bergen.
Hans konnte uns anhand dieser und weiterer Beispiele zeigen, wie schnell aus kleinen Pannen brenzlige oder sogar gefährliche Situationen entstehen können. Besonders bewusst wurde uns, wie gefährlich behelfsmässige Reparaturen sein können. Mit langem Applaus bedankte sich die RG bei Hans für diesen fesselnden und lehrreichen Abend.
Captain Lukas Landmann