Uli Colombi, ein Schweizer Marinemaler

Stammabend 7. Mai 2014

Seit dem 17. Jahrhundert war die Marinemalerei in den Niederlanden eine selbständige Disziplin. Sehr bald fand sie auch in den anderen seefahrenden Nationen einen Platz, so dass in Frankreich sogar der offizielle Titel eines „Peintre de la Marine“ vom Verteidigungsministerium vergeben worden ist. Denn Admiralitäten und Schiffseigner schätzten gleichermassen die Verbindung von Aesthetik und naturgetreuer, möglichst glorifizierender Abbildung ihrer Einheiten. Etwas aussergewöhnlich deshalb die Vorstellung, dass es auch Marinemaler aus dem Binnenland Schweiz gibt!

Stamm140507

Mehr als 100 Arbeitsstunden stecken in einem einzigen Bild des Marinemalers Uli Colombi. In diesem Zeitaufwand sind die umfangreichen Recherchen anhand von Plänen, Büchern und Fotografien noch nicht eingerechnet. Der frühere Rheinmatrose, Architekt und Schiffsbauer portraitiert heute Dampfer und Segelschiffe aus aller Welt naturgetreu. Dabei kann der Künstler alle seine Empfindungen und Talente einfliessen lassen: Die Liebe zu den Schiffen und zur See sowie das akribisch exakte Schaffen in künstlerischer Umsetzung. Die von ihm geschaffenen Bilder können wohl am ehesten dem Stil des Fotorealismus zugeordnet werden.

Die Basler Galerie Tobias Loeffel zeigte im Monat Mai eine Reihe von Uli Colombis Werken. Dabei trafen ehemalige Erzfeindinnen aufeinander. Die legendären Luxusdampfer QUEEN MARY und NORMANDIE waren auf See Rivalinnen, auf denen die Reichen und Schönen der 1930er bis 1960er Jahre das Leben genossen. Marlene Dietrich gehörte dazu, ebenso wie Elizabeth Taylor oder Clark Gable. Aber auch Tausende von Emigranten verliessen damals ihre Heimat, um in den USA, in Afrika, Indien oder Australien ihr Glück zu suchen. Hier reisten nicht nur Luxus und Zeitvertreib, sondern auch Abschiedsszenen, Ängste und Hoffnungen mit. Die Bilder erzählen vom vergangenen Glanz der Meeresköniginnen, aber auch von Trauer und Glück hinter den glänzenden Fassaden.

Zum Stammabend trafen sich die RG-Mitglieder deshalb in der Galerie und nicht im gewohnten Vortragssaal. Zu Beginn warb Peter Amacher, der Commodore i.V., der unsere RG mit seinem Besuch beehrte, um Unterstützung in der Umbruchphase, in der der CCS zur Zeit steckt. Danach verstand es Uli Colombi meisterhaft, uns mit Anekdoten, technischer Charakterisierung, Geschichten und Geschichte jedes einzelne der mit bewundernswerten Akribie gemalten Schiffe näher zu bringen. Dabei lernten wir eine ganze Menge über die Organisation des British Empire, aber beispielsweise auch, dass die Australische Westküste um Perth und Freemantle viel schöner sei als die verkommerzialisierte Ostküste. Heute gibt es sie nicht mehr, diese Königinnen und Fürstinnen der Meere: Flugzeuge haben sie erst sachte, dann immer schneller verdrängt. Heute sind sie Geschichte, ihre majestätische Schönheit lebt aber weiter in Uli Colombis Bildern. Ein Apéro rundete den gelungenen Abend ab.

Captain Lukas Landmann